Fahrzeugauswahl

Der Airbag

Der Airbag als Teil des gesamten Airbag Systems ist nur eines der passiven Sicherheitssysteme im Auto, die das Fahren sicherer machen und uns vor der Verletzungsgefahr bei einem Unfall schützen oder mindern. Neben dem Fahrer-Airbag zählen Hilfsmittel wie der Sicherheitsgurt nebst Gurtstraffer, die Bremsen und die Knautschzone, aber auch Kindersitze und Kopfstützen zu den passiven Sicherheitssystemen.

 

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Schnell ist es passiert: Ein Auffahrunfall. / © Foto Kadmy – stock.adobe.com

 

Die Entwicklung des Airbags

Der Deutsche Walter Linderer und der US-Amerikaner John W. Hendrik sind die geistigen Väter des Airbags. Ihre Ideen sind in den 1950er Jahren dokumentiert, Walter Linderer bekam sein Patent 1953 eingetragen. Die zugrunde liegende Idee ist, den Schwung des Fahrzeuginsassen im Falle eines Unfalls mittels eines luftgefüllten Behältnisses auszubremsen und so den Menschen zu schützen. Problematisch war jedoch die Zeitspanne, in der sich der Luftsack aufblasen muss, um den Körper rechtzeitig abfangen zu können. Frühe Versuche, diese notwendige Geschwindigkeit mittels Druckluftverfahren aufzubringen, erfüllten die Anforderungen nicht. In den 70er Jahren wurde mittels pyrotechnischer Treibsätze die notwendige Aufblasgeschwindigkeit erreicht, so dass Mitte der 70er und Anfang der 80er die ersten Airbag-Systeme in Fahrzeugen der Oberklasse eingebaut wurden. In den 80er kamen dann die ersten Modelle eines Beifahrer-Airbag-Systems auf den Markt, welche sich rasch etablierten.

Im Laufe der Zeit kamen immer mehr technische Neuerungen hinzu, Adaptionen wurden vorgenommen, sodass sich immer mehr verschiedene Airbag-Systeme herausbilden konnten. So gibt es heutzutage nicht mehr nur das Kopfairbag-System, sondern auch Seitenairbag-Systeme, welche als Thorax-/Becken- oder als Thorax-/Becken-/Kopf- Airbags den Fahrzeuginsassen zusätzlich schützen. Knieairbag-Systeme hingegen sollen im Falle eines Unfalls Knie und Schienbeine schützen und ein eventuelles Rutschen der Person unter dem Sicherheitsgurt hindurch verhindern. Diese Airbag-Systeme beruhen alle auf annähernd gleicher Funktionsweise, welche im Folgenden näher erklärt werden soll.

 

Airbag hat ausgelöst
Fahrer- und Beifahrer-Airbag haben ausgelöst / © Foto jteivans – stock.adobe.com

 

Die Funktion des Airbagsystems

Ein Airbag-System besteht aus drei Untersystemen, die miteinander verknüpft sind:

  • das Airbagmodul, welches aus dem eigentlichen "Luftsack" und Gasgenerator besteht,
  • das Airbag-Steuergerät als "Hirn" und den
  • Crashsensoren zur Erkennung der Umwelt
 

Airbag Steuergerät
Airbag Steuergerät in unserer Werkstatt / © eigenenes Foto

 

Airbagmodul, Airbag-Steuergerät, Crashsensoren... Das mit Abstand komplexeste der drei Systeme ist das Airbag-Steuergerät. Es bildet das Herzstück jedes Airbag-Systems und ist oft im Armaturenbrett verbaut.

Zentrale Aufgaben des Steuergerätes sind:

  1. Erkennen und Verarbeiten der von Sensoren gelieferten Informationen
  2. Auslösen der erforderlichen Zündkreise zum Zünden des Gasgenerators
  3. Energieversorgung der Zündkreise mit Hilfe eines Kondensators, sodass das Airbag-System auch bei einem Ausfall der Fahrzeugbatterie vollständig arbeiten kann
  4. Eigenkontrolle des gesamten Airbag-Systems auf technische Fehler
  5. Speicherung von Fehlern im Fehlerspeicher
  6. Einschalten der Airbag-Kontrollleuchte auf dem Armaturenbrett und
  7. das Erkennen von Unfällen

Gerade das Erkennen von Unfällen spielt eine wichtige Rolle, weil sich genau dann die Frage stellt: Löst der Airbag aus oder nicht? - Um das zu entscheiden, erhält das Airbag-Steuergerät permanent Signale, die stetig von den Crashsensoren zugeführt werden. Moderne Steuergeräte, wie sie heutzutage in Fahrzeugen eingebaut werden, besitzen einen Speicher, der Informationen, die aus Crash-Testreihen gesammelt wurden, enthält und es dem Airbag-Steuergerät so ermöglichen, eine eigenständige Einschätzung der „Crashschwere“ vorzunehmen. Anhand dieser Einschätzung erfolgen dann unterschiedliche Maßnahmen, welche das Steuergerät in Gang setzt. Informationen die hierbei verarbeitet werden sind beispielsweise: Wie hoch sind die einwirkenden Kräfte? Aus welcher Richtung treffen sie auf das Fahrzeug? Sind die Insassen angeschnallt? Sind sowohl Fahrer- als auch Beifahrersitzbelegt? Mit welcher Geschwindigkeit bewegte sich das Fahrzeug vor dem Unfall?

Anhand dieser Daten entscheidet das Airbag-Steuergerät dann in Bruchteilen einer Sekunde, ob und mit welcher Geschwindigkeit der Airbag aufgeblasen werden muss.

Diese Datenmengen sammeln viele verschiedenartige Crashsensoren, die im stetigen Datenaustausch mit dem Airbag-Steuergerät stehen.
Zum Erfassen einer äußeren Krafteinwirkung, etwa bei einem Unfall, dienen die Drucksensoren, welche über ein Feder/Masse- System Druckveränderungen erfassen können und diese als Informationen an das Steuergerät senden. Sie werden meist an Front und Heck des Fahrzeuges angebracht, sowie an den Seitentüren, sodass Druckveränderungen am gesamten Fahrzeug erfasst werden können. Zudem arbeiten immer zwei gleichartige Sensoren unabhängig voneinander, damit das Airbag-Steuergerät nicht aufgrund einer eventuellen Fehlfunktion eines Sensors den Airbag auslöst. Damit dies nicht passiert, ist ein weiterer Sensortyp in das Fahrzeug integriert. Der Safing-Sicherheitssensor ist mit den Frontsensoren in Reihe geschaltet und in das Airbag-Steuergerät integriert. Er arbeitet mittels eines Feder-Magnet-Systems, welches erst unter Krafteinwirkung den Kontakt zum Zünden des Airbags schließt und so den Zündvorgang reguliert, um ein unkontrolliertes Auslösen zu verhindern.

 

Airbag Sitzbelegungsmatte
Airbag Sitzbelegungsmatte / © eigenenes Foto

 

Nun gibt es noch zwei weitere Sensortypen, die wichtige Informationen an das Steuergerät liefern, nämlich welche Frontsitze belegt und ob die Insassen angeschnallt sind. Für die Erfassung der Sitzbelegung werden sogenannte Sitzbelegungsmatten in die vorderen Fahrzeugsitze, direkt unterhalb der Sitzfläche, eingebaut. Sie bestehen aus einer Vielzahl an Drucksensoren und einer eigenständig arbeitenden Auswertelektronik, die erkennt, ob ein Erwachsener, ein Kind (ggf. im Kindersitz) oder niemand den Platz besetzt. In den letzten beiden Fällen würde für diesen Sitz kein Airbag ausgelöst werden, da das Airbag-Steuergerät aufgrund der erhaltenen Informationen dies unterbindet. Unterstützend findet man oftmals auch Infrarot- oder Ultraschallsensoren, welche im Bereich der Innenleuchte oder des Rückspiegels verbaut sind und dem Steuergerät die Sitzhaltung der Fahrzeuginsassen übermittelt, sodass es bei einer ungünstigen Sitzhaltung („Out-of-Position“) notwendigerweise zu einem schnelleren Auslösen des Airbags kommen kann. Nachdem das Airbag-Steuergerät nun weiß, ob es den Airbag aufgrund der gesammelten Informationen auslösen muss, spielt das Timing eine entscheidende Rolle, um ein verletzungsfreies Ausbremsen des Fahrzeuginsassen gewährleisten zu können. Hierzu ist vor allem wichtig, ob der Fahrer- bzw. Beifahrer angeschnallt ist oder nicht. Dies wird von sogenannten „Gurtschlosserkennungssensoren“ erfasst. Erkennen diese Sensoren beispielsweise, dass der Beifahrergurt nicht geschlossen ist, senden sie dies an das Airbag-Steuergerät. Nehmen wir an, dass das Steuergerät jedoch von den Drucksensoren der Sitzbelegungsmatte die Information bekommen hat, dass dort jemand sitzt und von den Infrarotsensoren, dass dieser jemand in einer ungünstigen Position sitzt, dann würde das Steuergerät im Falle eines Unfalls den Airbag früher zünden, um eine Verletzung des Fahrzeuginsassen weitgehend zu verhindern. Im Gegenzug würde es den Airbag später zünden, wenn der Beifahrer angeschnallt und gerade dasitzt, da so bereits ein Großteil des Schwungs durch den Beifahrergurt kompensiert werden würde.

Entscheidet das Steuergerät nun aufgrund erhaltener Informationen den Airbag zu aktivieren, wird ein Zündstrom freigesetzt, welcher zu einem pyrotechnischen Behälter fließt, dem sog. „Gasgenerator“. Dort wird in der Brennkammer, durch den ankommenden Strom, ein Draht erhitzt, der das Treibmittel aus Natriumazid (aufgrund der Tablettenform „Zündpille“ genannt) zündet, was wiederum eine chemische Reaktion in Gang setzt. Die Geräuschentwicklung bei der Zündung der Zündpille gleicht einem Gewehrschuss. Bei der chemischen Reaktion handelt es sich jedoch nicht um eine Explosion, sondern vielmehr um einen Abbrand, bei welchem das entstehende Gas mittels eines Oxidationsmittels (meist Kupfer- oder Eisenoxid) zu annähernd reinem Stickstoff reagiert. Dieses Gas expandiert und strömt mit ca. 120 bar Druck durch ein Filtersieb aus Metall in den ca. 67l großen Luftsack, welcher innerhalb von 30ms vollständig aufgeblasen ist. Dabei brechen die Sollbruchstellen der Abdeckkappen in Lenkrad oder Armaturenbrett. Der Luftsack muss hierfür sehr strapazierfähig sein und besteht aus einem alterungsbeständigen Polyamidgewebe, welches einen niedrigen Reibungskoeffizienten aufweist, um den Fahrzeuginsassen beim Aufprall nicht zu verletzen. Um ein reibungsloses Entfalten des Luftsacks zu gewährleisten, wird er mit einem Talkum eingepudert. Die Ausströmöffnungen für das Gas, welches beim Auffangen des Körpers entweichen muss, befinden sich auf der Rückseite des Sackes.

 

Ein Airbagsystem wird repariert
Ein Airbagsystem wird repariert / © Foto Karin & Uwe Annas – stock.adobe.com

 

Systemdiagnose und Fehlerprüfung

Üblicherweise beginnt eine Airbag-Kontrolle mit einer Sichtprüfung. Gegenstand der Untersuchung sind alle sichtbaren Bereiche des Airbag-Systems, um eventuelle äußere Beschädigungen festzustellen, und die richtige Verbindung der jeweiligen Steckkontakte. Letzteres ist eine relativ häufig auftretende Fehlerquelle. Insbesondere schlechte Steckverbindungen zu anderen Untersystemen, wie etwa den Gurtstraffern, oder den Airbag-Systemen an den Seiten im Bereich der Vordersitze, sollten explizit geprüft werden, da durch das Vor- und Zurückbewegen der Sitze die Steckverbindungen gelockert werden können und es so zu Übergangswiderständen kommen kann.

Spätestens wenn sich bei der Sichtprüfung keine Fehler finden lassen, sollte man die Fehlersuche den Fachmann überlassen. Er kann den im Steuergerät untergebrachten Fehlerspeicher auslesen, Teile tauschen oder entsprechend mit uns in Kontakt treten. Reparaturen und Austauscharbeiten sollten dann in jedem Fall von fachkundigem Personal durchgeführt werden, da es sich bei einem Airbag-System um ein hochsensibles Netzwerk an Elektronik, Kabeln und Kontakten handelt, für dessen Handhabung oftmals herstellerspezifische Informationen und Schaltpläne erforderlich sind.